Warum Cashflow im KI-Zeitalter wichtiger ist als Hype
Die aktuellen Bewertungen der großen Tech-Konzerne wie Apple, Microsoft, Alphabet, Meta und Amazon wirken auf den ersten Blick widersprüchlich. Während die Diskussion darüber, wer im KI-Rennen vorne liegt, sich ständig ändert, ist Apple darin eigentlich am wenigsten präsent. Das Unternehmen investiert weniger aggressiv in große Sprachmodelle und baut auch nicht im großen Stil teure Rechenzentren. Trotzdem wird Apple an der Börse deutlich höher bewertet als seine Konkurrenten. Der Grund dafür ist überraschend einfach und hat wenig mit KI-Hype zu tun: Anleger schauen vor allem auf den freien Cashflow. Während Unternehmen wie Meta, Alphabet und Microsoft Milliarden investieren, um im KI-Wettrennen die Spitze zu erobern, verwandelt Apple seinen Gewinn fast vollständig in echtes, verfügbares Geld. Analysten erwarten, dass Apple zwischen 2026 und 2029 sogar mehr freien Cashflow erzeugt, als es Gewinn ausweist, im Schnitt rund 108 Prozent. Für die Börse bedeutet das: Die Gewinne von Apple sind nicht nur Zahlen auf dem Papier, sondern fließen tatsächlich in die Kasse und können für Dividenden oder Aktienrückkäufe genutzt werden.
Ganz anders sieht es bei Meta aus. Durch massive Investitionen in Rechenzentren bleibt am Ende viel weniger übrig, nur rund die Hälfte des Gewinns wird zu freiem Cashflow. Microsoft und Alphabet liegen dazwischen, was sich direkt in ihren Bewertungen widerspiegelt. Es besteht ein klarer Zusammenhang: Je mehr ein Unternehmen in riskante und teure KI-Infrastruktur investiert, desto vorsichtiger bewerten Anleger seine zukünftigen Gewinne. Auf diese Weise erklärt sich, warum ausgerechnet Apple und Amazon in dieser Hinsicht performen. Die beiden Unternehmen mit der geringsten direkten Abhängigkeit von großen KI-Modellen werden an der Börse am höchsten bewertet. Anleger bevorzugen im Moment Firmen, die verlässlich Geld generieren, statt solche, die auf unklare Zukunftsgewinne setzen.
Interessant sind außerdem Ausnahmen wie Nvidia und Oracle. Nvidia hat eigentlich eine Cashflow-Qualität, die Apple ähnelt, wird aber trotzdem niedriger bewertet, weil Investoren befürchten, dass der KI-Boom irgendwann nachlässt und die Chipnachfrage einbrechen könnte. Oracle wiederum investiert so stark in neue KI-Rechenzentren, dass der freie Cashflow in den nächsten Jahren negativ sein soll, und trotzdem steht die Bewertung relativ hoch, weil die Gewinne schnell wachsen und spätere Bewertungsjahre das Bild wieder relativieren.
Am Ende zeigt sich: Trotz aller KI-Euphorie achten Investoren stärker auf Fundamentaldaten als auf das, was Schlagzeilen dominiert. Für den Moment bestätigt das Apples vorsichtige Strategie. Während andere Milliarden für die KI-Vorherrschaft ausgeben, konzentriert sich Apple darauf, stetig hohe Cashflows zu erwirtschaften und Geld an die Aktionäre zurückzugeben und genau das scheint der Börse im Moment wichtiger zu sein als jedes noch so ambitionierte KI-Projekt.
Quelle: Reuters