Die Angst vor “Uncle Sam”

Spätestens seit dem „Liberation Day“ am 2. April weiß die Weltgemeinschaft in welche Richtung sich die USA politisch, aber auch wirtschaftlich entwickelt. Aus europäischer Sicht – insbesondere der deutschen – schreit die Angst vor Handelsbarrieren. Die Abhängigkeit der deutschen Exporteure von dem US-Geschäft ist so groß wie seit über zwei Jahrzehnten nicht mehr. Laut Statistischem Bundesamt summierten sich die Ausfuhren in die USA im Jahr 2024 auf rund 161,3 Mrd. EUR (dies entspricht 3,6% des BIPs). Mit einem Anteil von 10,4% aller Exporte entspricht dies dem höchsten Anteil seit 2002. Insgesamt importierte Deutschland 2024 Waren im Wert von 91,5 Mrd. EUR (und somit 7,0% der Importe, was einem Anteil von 2,0% des BIPs entspricht). In Summe ergibt sich daraus ein Überschuss zu Gunsten Deutschlands in Höhe von 69,8 Mrd. EUR (m.a.W. 1,5% des BIPs). Das Handelsvolumen beläuft sich auf 252,8 Mrd. EUR respektive 5,6% der deutschen Wirtschaftsleistung.

Zunächst war es die Abhängigkeit russischer Energieimporte, die Deutschland aufgrund des Ausbruchs des Ukraine-Krieges zum Verhängnis wurde. Nun scheint dieselbe Abhängigkeit im Hinblick auf die USA für Deutschland zur neuen Herausforderung zu werden.

Doch nicht nur aus deutsch-europäischer Sicht sind die Folgen des von Trump ausgerufenen „Liberation Day“ am 2. April ein Risiko, sondern auch für die USA selbst.

Neben den wirtschaftlichen Folgen für die USA und der Angst vor dem Eintreten einer Rezession, ist das Vertrauen in die USA stark geschädigt. Der CBOE Volatility Index (VIX), welcher die erwartete Schwankungsbreite (und damit Unsicherheit, daher gerne auch als „Angst“-Index bezeichnet) des US-amerikanischen Aktienindex S&P 500 ausdrückt, notierte am 9. April zeitweise auf 57,96 Punkten. Zum Vergleich: der Durchschnittswert für die Jahre 2022-2024 lag bei 19,14 Punkten (Ausbruch des Ukraine-Krieges inbegriffen).

Der Aktienmarkt in den USA reflektiert die Angst insbesondere durch massive Kurseinbrüche. So notierte der S&P 500 am 7. April zeitweise bei 4.835,04 Punkten und damit 21,35 % tiefer als von seinem einjährigen Höchststand am 19. Februar 2025 (6.147,43 Punkte). Ähnlich verhält es sich mit dem Dow Jones (-15,65 % bis einschließlich 8. April) und dem NASDAQ100 (-22,93 % bis einschließlich 8. April). Während der Euro zu Jahresbeginn erneut mit Parität zum Dollar zu kämpfen hatte, konnte dieser zuletzt an Stärke gewinnen, wie sie seit Ausbruch des Ukraine-Krieges nicht zu verzeichnen war (1 EUR = 1,1391 US-$, Stand 18.04.2025).

Die Angst der Leute vor einer Rezession in den USA ist groß. Die Ungewissheit an den Märkten hat trotz bereits eingetretener Erholungsphasen nach wie vor die Überhand. Donald Trump hat bereits einige Zölle zurückgenommen, Aufschub gewährt und Verhandlungsbereitschaft geäußert. Dennoch bleibt abzuwarten, wohin sich die wirtschaftspolitische Lage der USA und damit auch des  Welthandels entwickelt. Eines ist jedoch klar: ein Aufschub der Zölle von 90 Tagen ist nur gewonnene Zeit für die betroffenen Staaten eine Antwort zu finden. Trump hat den „Liberation Day“ lange angekündigt und trotzdem hat sie die Märkte kalt erwischt. Dass dies erneut passiert, sollte im Zuge des gewährten Aufschubs tunlichst vermieden werden.

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Wirtschaftsentwicklung in der Türkei